In den letzten zwei Juniwochen 2017 fanden in Zwickau die zentralen Deutschen Segelflugmeisterschaften in der Standard- und Doppelsitzerklasse statt. Für uns waren Joachim Koch in der Standard- und Tobi Ladenburger mit Leonard Krohmer bei den Dopplsitzern am Start – und am Ende gab es einen echten Knaller: Tobi und Leo holten den Meistertitel und qualifizierten sich für die Weltmeisterschaft 2018!
So war am vergangenen Samstagnachmittag auf dem Hornberg richtig was los, obwohl niemand flog:
Der Verein hatte in Windeseile einen Empfang vorbereitet und als Ladenburger als letzter der Gmünder Mannschaft um halb sechs eintraf, gab es eine Welle, begeisterten Beifall, Glückwünsche und Blumen für den sichtlich gerührten Titelträger, dem sein schon vorher angekommener Copilot sogleich beisprang.
Emotional war es aber schon vorher zugegangen, denn Ladenburger hatte bereits nach der Hälfte des Wettbewerbes die Spitzenposition übernommen. An fast allen der insgesamt sechs Wertungstage erreichte er in dem 28 Teilnehmer umfassenden Feld zwischen Rang 3 und 6 und bewies damit, dass Konstanz ein Erfolgsgarant sein kann. Nur an einem Tag lautete sein Ergebnis Rang 17, an diesem lagen aber alle in der Gesamtwertung führenden Teams hinten, so dass diese Platzierung keine negativen Folgen hatte.
„Guten Morgen Zwickau“ – so meldete sich unser Schriftführer und „Bodencrew-Chef“ Sebastian Steeb jeden Morgen über den vereinsinternen Whatsapp-„Äther“ und versorgte uns mit Neuigkeiten von vor Ort. Sehnlichst erwartet wurde täglich die Meldung, dass unsere beiden Flugzeuge gelandet sind – und zwar auf dem Flugplatz und nicht irgendwo auf der Strecke. Nachdem Ladenburger die Gesamtführung innehatte, wurde es natürlich besonders spannend, zumal das Wetter eigentlich immer schwierig war, vor allem wegen des meist starken Windes. Dieser sorgt z.B. dafür, dass der Aufwind nicht unter der ihn anzeigenden Cumuluswolke beginnt, sondern versetzt – je tiefer, desto stärker.
Auf die Frage nach dem Erfolgsrezept lautete Ladenburgers Antwort dann auch: Taktisches Fliegen mit möglichst geringem Außenlanderisiko. Viele seiner direkten Konkurrenten flogen mehr auf Tempo, was mehr Punkte versprach, aber bei Fehlern auch mehr Punkte kostete. Denn wer bei diesem Wind mal zu tief kam, musste sich erst zeitaufwändig wieder nach oben arbeiten.
Joachim Koch, der in der Standardklasse am Ende eine Platzierung im Mittelfeld erzielte, erzählte dazu: An einem Tag kam er zusammen mit einem weiteren Piloten sehr tief in einem Aufwind an, war dabei selbst etwa 50 m höher als dieser. Drei Minuten später hatte sich der Abstand auf gut 400 m vergrößert, d.h. Koch hatte den Aufwind mit engem Kreisen noch erwischt, der andere musste wenige Minuten später auf einem Feld außenlanden.
Es galt also, überlegt vorzugehen. So flogen Ladenburger und Krohmer immer erst ein paar Minuten nach der Konkurrenz über die Startlinie und beobachteten zunächst deren Verhalten, eine oft verwendete Taktik. Wenn das allerdings der Führende tut, dann wird häufig versucht, ihn mit Fake-Abflügen zu täuschen, so dass es an der Startlinie dann zu allerlei taktischem „Geplänkel“ kam (man kann mehrfach losfliegen und wieder umkehren, es zählt immer der letzte Abflug über die virtuell in der Luft „aufgespannte“ Startlinie). Hier kam Copilot Leo Krohmer ins Spiel, der die anderen Flieger und damit die taktische Situation ständig im Auge behielt. Er sorgte für die Navigation, rechnete die Zeiten und Distanzen zum jeweils nächsten Wendepunkt und berichtete darüber, auch ein Novum, direkt aus dem Cockpit über WhatsApp nach Hause. Mit Geschick und ständigem Optimieren des Flugweges konnte Ladenburger auf der Strecke Stück für Stück Boden gut machen, so dass seine Taktik am Ende aufging: Trotz der späteren Abflüge kamen die beiden im Vergleich zu ihren direkten Konkurrenten entweder eher oder höher im letzten Aufwind an und konnten so entscheidende Punkte gut machen.
Am Montag den 24. Juni schaltete die Großwetterlage dann bekanntlich auf Regen um und der Wettbewerb kam nach fünf Wertungstagen vorerst zum Erliegen. Den Titel quasi in der Tasche und nach vier durchaus auch zermürbenden Tagen mit Ausflügen oder Saunabesuchen, setzten die Veranstalter am Freitag noch einen Flugtag an. Für die Doppelsitzer ging es erst um 16:30 Uhr los. 200 km galt es zu überbrücken und keine Fehler zu machen. Spannende zwei Stunden später kam die erlösende Nachricht „GX gelandet“. Mit einem auf Sicherheit geflogenen Tagesrang sechs war der Titelgewinn perfekt. Das inzwischen gut eingespielte Team ist damit Teil der Nationalmannschaft und fährt nächstes Jahr zur WM ins benachbarte Plzen. Ein Lohn auch für unsere kontinuierliche Ausbildungsarbeit, denn die endet nicht mit dem Scheinerwerb, sondern geht für alle Interessierten direkt in die Streckenflugausbildung über. Und es ist nach sage und schreibe 34 Jahren unser erster Titel bei zentralen Deutschen Meisterschaften! Die Titelträger von 1984, Peter Lackner und Karl-Heinz-Friedrich, waren natürlich am Samstag mit unter den Gratulanten.
Insgesamt freuten sich alle Teilnehmer über einen gut organisierten und fairen Wettbewerb. Dass es beim Segelfliegen trotz spannender Wettkämpfe auch sehr kameradschaftlich zugeht, beweist eine weitere Geschichte, die Koch erzählte: Er hatte einem anderen Piloten durch sein Kreisen den letzten rettenden Aufwind angezeigt und diesen damit vor einer Außenlandung bewahrt, wofür er sich am Abend mit einem Bier bedankte.
Nun geht es nahtlos weiter, denn Freddy Hein und Günter Kölle sind bereits in Stendal und nehmen dort an der zentralen Deutschen Meisterschaften in der Rennklasse teil.